NEIN zur AHV21 (Referendum)
Stabilisierung auf dem Rücken der Frauen?
Am 25. September stimmen wir über die Erhöhung des ordentlichen Rentenalters der Frauen von heute 64 auf 65 Jahren ab. Mit der Erhöhung dieses Rentenalters für Frauen soll die AHV allein auf dem Rücken der Frauen stabilisiert werden. Die Männer tragen zu dieser Stabilisierung nichts bei.
Die Frauen bekommen in der Schweiz mindestens einen Drittel weniger Rente als Männer. Das ist die Folge davon, dass die Frauen in den letzten 50 Jahren viel schlechtere Berufschancen hatten und viel weniger Lohn bekamen als die Männer. Wegen der mehrheitlich von Frauen gratis erbrachten Leistungen im Haushalt, in der Kinder- und Betagtenbetreuung konnten sie zudem, wenn überhaupt, nur in geringen Pensen arbeiten und verdienten entsprechend noch einmal weniger als die gleichaltrigen Männer in ihren gut bezahlten Vollzeitanstellungen.
Dieses in den letzten 50 Jahren in weiten Kreisen übliche Familien- und Arbeitsmodell führte zu einer massiven Benachteiligung der Frauen bei den AHV-Renten, aufgrund der viel geringeren Einkommen.
Auf Druck des ersten Frauenstreiks von 1991 wurden in der AHV entscheidende Gleichstellungsmassnahmen eingeführt. Der Lohn- und Rentenrückstand verringerte sich und die AHVRenten von Frauen und Männern näherten sich an. Nach den neusten Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BfS) besteht aber heute immer noch ein geschlechtsspezifischer Unterschied von 18% bei den Löhnen und von gut 10% bei den AHV-Renten für Alleinstehende.
Benachteiligung bei den Pensionskassen
Die berufliche Vorsorge dient vielen Frauen – und ganz besonders jener Generation Frauen, die in den nächsten Jahren in Rente geht – nur als magere Ergänzung. Die obligatorische Pensionskasse (BVG) wurde erst 1985, also vor 37 Jahren eingeführt. Viele Frauen, die heute ins Pensionsalter kommen, konnten nicht von Beginn an Beiträge in die Pensionskassen einzahlen. Ohnehin haben sehr viele Frauen wegen Hausarbeit und Betreuungsaufgaben nur eine halb so hohe Pensionskassenrente wie die Männer. Bei typischen Frauenberufen beträgt die Pensionskassenrente heute Fr. 500.– bis Fr. 800.– pro Monat.
Der Koordinationsabzug führt zudem dazu, dass vor allem Frauen mit kleinen Löhnen und kleinen Pensen gar keine Pensionskassenrente bekommen. Davon betroffen sind etwa ein Drittel der Frauen, insbesondere Alleinerziehende, die ihr Leben lang dreifachbelastet waren, was ihre Möglichkeiten zur Erwerbstätigkeit massiv einschränkte.
Diskriminierung auch im Rentenalter
Es ist eine traurige Realität, dass fast 11 Prozent aller Frauen direkt beim Renteneintritt Ergänzungsleistungen beantragen müssen, um über die Runden zu kommen. Bei den Männern sind es 8,5 Prozent. 2019 bezogen insgesamt über 140 000 Frauen Ergänzungsleistungen – bei den Männern sind es halb so viele. Besonders betroffen sind geschiedene und verwitwete Frauen.
Vielfach sind es auch die Frauen, die sich im Rentenalter um die Grosskinderbetreuung kümmern. Gemäss neuster BfS-Statistik zur Kinderbetreuung wurden 2018 ein Drittel aller Kinder unter 13 Jahren durch die Grosseltern betreut – das ist Platz eins bei den ausserfamiliären Betreuungslösungen. Geleistet werden dabei jährlich 160 Mio. Stunden unbezahlte Arbeit.
Nein zur Erhöhung des Rentenalters für Frauen
Vor allem Frauen mit keiner oder einer schlechten Ausbildung, mit schweren körperlichen Belastungen im Berufsleben, wie zum Beispiel in der Pflege, in Reinigungsdiensten, im Gastrobereich, der Logistik, im Verkauf, Coiffure, in der industriellen Produktion und ähnlichen Tätigkeiten sind vielfach schon mit 60 Jahren aus gesundheitlichen Gründen kaum mehr voll leistungsfähig. Oftmals werden sie aufgrund gesundheitlicher Probleme langzeitarbeitslos und brauchen bis zum 64. Altersjahr Sozialhilfe. Aus den genau gleichen Gründen können schon heute Männer im Baugewerbe bereits mit 60 Jahren in Pension gehen.
Augenfällig ist, dass gut situierte Frauen des oberen Mittelstandes und der Oberschicht das höhere Rentenalter befürworten.
Frauen, die wenig verdienen, nur kleine Pensen arbeiten können, schwere Arbeiten verrichten und die Hauptlast des Haushaltes und der Kinder- und Betagtenbetreuung tragen, ist ein noch höheres Rentenalter nicht zuzumuten. Die SP setzt sich für sie ein und sagt ganz deutlich NEIN zum Rentenalter 65 für Frauen.
Jörg Frey
SP Oberburg